top of page

Warum wir langsamer atmen sollten

  • Autorenbild: Laura Buttkereit
    Laura Buttkereit
  • 4. Apr. 2022
  • 3 Min. Lesezeit

Wenn man sich die physiologischen Vorgänge, die während der Ruheatmung ablaufen, genauer anschaut, wird klar, dass es eine aktive und eine passive Phase gibt. Ruheatmung bezeichnet hier die normale Atmung, bei der das Volumen bei der Ein- und Ausatmung in etwa gleich ist. Die Einatmung bildet den aktiven Part und benötigt insbesondere das Zwerchfell und die Rippenhebermuskeln. Wenn das Zwerchfell sich zusammenzieht, wird Druck auf den Bauch ausgeübt, während gleichzeitig ein Unterdruck im Brustkorb entsteht, der die Lunge dazu bewegt, sich auszudehnen, um dann den Gasaustausch stattfinden zu lassen. Die Ausatmung stellt dann den passiven Teil der Ruheatmung dar, bei dem das Zwerchfell in seine Ausgangsposition zurück kehrt. Ein bewusst kraftvolles Ausatmen unter Einsatz der Bauchmuskulatur schiebt das Zwerchfell nach oben und kann so die Lunge ebenfalls entlüften. Im Hinblick auf das Lungenvolumen ist eine bewusste Kontrolle des Zwerchfells und eine größtmögliche Bewegung desselbigen zwischen Ein- und Ausatmung entscheidend.



ree


Durchschnittlich atmen wir pro Minute etwa 10 - 20 mal ein und aus. Eine Studie, die eine Atemfrequenz von 15, 6 bzw. 3 Atemzügen bei gesunden und herzinsuffizienten Erwachsenen sowohl in Ruhe als auch während des Sports miteinander verglich, fand aber nun heraus, dass eine Verlangsamung der Atmung auf etwa 6 Atemzüge pro Minute besonders vorteilhaft ist im Hinblick auf Sauerstoffsättigung und langfristige Durchführbarkeit dieser Atemtechnik. In beiden Gruppen verbesserte sich allein durch die veränderte Atmung die Leistungsfähigkeit und die Motivation.


Eine auf 6 Atemzüge pro Minute verlangsamte Atmung hat in verschiedenen Studien ebenfalls einen positiven Einfluss auf den Blutdruck, die Durchblutung besonders kleiner Gefäße, die Herzfrequenzvariabilität und die Baroreflex-Sensitivität gezeigt. Bei den beiden letzteren handelt es sich um Messgrößen des vegetativen Nervensystems, die Indikatoren für die Gesundheit des Herzens darstellen.


James Nestor schreibt in seinem Buch "Breath" von 2020, dass im Hinblick auf eine optimale Sauerstoffversorgung des Körpers und seiner Organe besondere Aufmerksamkeit einem Ausgleich des Sauerstoff- und Kohlendioxidspiegels gelten muss. Er erklärt, dass beim Menschen eine mit Sauerstoff angereicherte Luft nicht zu einer Erhöhung des Sauerstoffverbrauches führt, es entsteht auch keine zusätzliche Wärme und es wird auch nicht mehr Kohlendioxid ausgeatmet. Zusätzlicher Sauerstoff hat für den gesunden Körper also keinen positiven Effekt, es kann sogar durch die Verabreichung von reinem Sauerstoff ein Sauerstoffmangel entstehen, da dieser einfach wieder ausgeatmet wird. Viel mehr ist Kohlendioxid für die Bindung des Sauerstoff essentiell. Kohlendioxid findet sich in jedem Körpergewebe und wirkt wahrscheinlich auf jedes Organ. Nestor und sein Kollege Olsson führten einige Selbstversuche durch, in denen sie zum einen den Kohlendioxidspiegel bei verlangsamter Atemfrequenz stark steigerten oder bei sportlicher Anstrengung mit einer extrem reduzierten Atemfrequenz von nur 6 Atemzügen pro Minute atmeten. In beiden Versuchen war der Sauerstoffspiegel während der Aktivität nicht etwa gefallen, ganz im Gegenteil: er war sogar gestiegen.


Es lohnt sich also auf die Atemfrequenz zu achten und mithilfe von Atemtechniken die Kontrolle über die Atmung zurückzuerlangen.

Quellen:

Russo MA, Santarelli DM, O'Rourke D. The physiological effects of slow breathing in the healthy human. Breathe (Sheff). 2017;13(4):298-309. doi:10.1183/20734735.009817


Stromberg SE, Russell ME, Carlson CR. Diaphragmatic breathing and its effectiveness for the management of motion sickness. Aerosp Med Hum Perform 2015; 86: 452–457


Dick TE, Mims JR, Hsieh YH, et al. Increased cardio- respiratory coupling evoked by slow deep breathing can persist in normal humans. Respir Physiol Neurobiol 2014; 204: 99–111.


Radaelli A, Raco R, Perfetti P, et al. Effects of slow, controlled breathing on baroreceptor control of heart rate and blood pressure in healthy men. J Hypertens 2004; 22: 1361–1370.


Zhang Z, Wang B, Wu H, et al. Effects of slow and regular breathing exercise on cardiopulmonary coupling and blood pressure. Med Biol Eng Comput 2016; 55: 327–341.

Joseph CN, Porta C, Casucci G, et al. Slow breathing improves arterial baroreflex sensitivity and decreases blood pressure in essential hypertension. Hypertension 2005; 46: 714–718.


Brown TE, Beightol LA, Koh J, et al. Important influence of respiration on human R-R interval power spectra is largely ignored. J Appl Physiol 1993; 75: 2310–2317.


Hirsch JA, Bishop B. Respiratory sinus arrhythmia in humans: how breathing pattern modulates heart rate. Am J Physiol 1981; 241: H620–H629.


Ben-Tal A, Shamailov SS, Paton JF. Central regulation of heart rate and the appearance of respiratory sinus arrhythmia: new insights from mathematical modeling. Math Biosci 2014; 255: 71–82.


Nestor J. Breath. Atem. Neues Wissen über die vergessene Kunst des Atmens, 10. Auflage 2021





Kommentare


bottom of page